Weniger ist mehr

Inside Komax

Fast drei Jahre ist es her, seit sich die Komax Gruppe und Schleuniger vereint haben. Beim Zusammenschluss hat das weltweite Service- und Vertriebsnetz eine entscheidende Rolle gespielt, wobei es anfänglich grosse Überlappungen in fast allen Ländern gab. Sowohl Komax als auch Schleuniger hatten in jedem Absatzgebiet einen Vertriebskanal, welcher exklusiv den jeweiligen Markt vertrat. Diese Komplexität galt es zu reduzieren. Gleichzeitig sollte mehr Kundennähe geschaffen werden. Wie man einen Integrationsprozess über 60 Länder hinweg gestaltet, welche Herausforderungen es zu bewältigen gab und was am Ende das Ergebnis ist, erzählt Tobias Rölz, Executive Vice President der Business Unit Market & Digital Services, im Interview.

Tobias Rölz, Executive Vice President der Business Unit Market & Digital Services

Tobias Rölz, als der Zusammenschluss von Komax und Schleuniger im Sommer 2022 besiegelt wurde, wies das weltweite Vertriebs- und Servicenetzwerk zahlreiche Überlappungen auf. Wie sah die Realität damals aus?
Nach dem Zusammenschluss mit Schleuniger hatten wir weltweit insgesamt 80 verschiedene Sales-Kanäle, die in 84 Märkten aktiv waren. Kurzum: In nahezu allen Ländern gab es zwei Unternehmen, die unsere Kundinnen und Kunden berieten und bedienten. Dies konnten zwei individuelle Distributoren sein, zwei unternehmenseigene Gesellschaften, ein Unternehmen von Komax in Kombination mit einem Schleuniger-Distributor oder eben umgekehrt.

Dabei handelte es sich meist um Unternehmen, die seit Jahrzehnten den Markt bedienten, sich gegenseitig konkurrenzierten und stets um die Aufträge der Kunden gekämpft haben. Diese Konkurrenz-Situation war in allen Erstgesprächen präsent, war man doch über Jahre hinweg eher «Gegner als Freund».

Wie gestaltet man so einen grossen Integrationsprozess?
Bis zum offiziellen Vollzug des Zusammenschlusses war es uns nicht erlaubt und somit nicht möglich, Einblick in die Strukturen von Schleuniger zu nehmen. Daher war uns von Anfang an klar, dass wir für eine detaillierte Analyse der Kanäle und die dazugehörigen Gespräche viel Zeit benötigen. Denn wir wollten unseren Kundinnen und Kunden in allen Ländern den bestmöglichen Vertrieb und Service bieten – und zwar mit einem hochkompetenten Ansprechpartner, der alle Automatisierungs-Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden kennt und bedienen kann. Das Jahr 2023 wurde also der Analyse gewidmet.

Im Laufe der Analyse ist uns aufgefallen, dass die Kunden-Überlappung viel geringer ist, als wir angenommen haben. Wir gingen stets davon aus, dass 80 Prozent der Kundschaft sowohl von Komax als auch von Schleuniger bedient werden. Erfreulicherweise war aber genau das Gegenteil der Fall: Meist bediente sich nur 20 bis 30 Prozent unserer Kundschaft bei Komax und Schleuniger. Der Grossteil aller Kundinnen und Kunden kaufte entweder nur bei Komax oder nur bei Schleuniger. Das war für die Gespräche sehr positiv und hat schnell aufgezeigt, dass wir unsere Kundschaft gemeinsam und mit vereinten Kräften noch besser bedienen und unterstützen können als im Alleingang. Und zwar mit einem klar definierten Ansprechpartner pro Land und somit auch pro Kunde in diesem Land – oder in anderen Worten: «one voice to the customer».

Wie sind diese Gespräche gelaufen?
Die Gespräche mit allen Beteiligten verliefen in den allermeisten Fällen sehr freundlich, respektvoll und professionell. Was in vielen Ländern schnell zu sehr guten Lösungen geführt hat. In 81 von 84 Märkten konnten wir somit eine freundliche Lösung herbeiführen. Diese sahen sehr unterschiedlich aus: von Zusammenschlüssen der Distributoren über Akquisitionen bis hin zu einem Split der Märkte war alles dabei. Wer das Projekt geführt hat, war von Fall zu Fall unterschiedlich. In Japan zum Beispiel hat die Schleuniger-Organisation den Lead übernommen und der Vertrieb von Komax Japan wurde integriert, in Deutschland war es genau andersherum. Genau so war es auch bei der Zusammenstellung der neuen Organisation. In den USA hat Darren Teasck von Schleuniger die Führung der Vertriebs- und Service-Organisation für Nord- und Zentralamerika übernommen, in Indien ist der Komax-Geschäftsführer Ramanathan Murugappan für den Vertrieb im gesamten Land verantwortlich. Besonders freut uns, dass, wenn wir Distributoren akquiriert haben, fast alle Mitarbeitenden erfolgreich integriert werden konnten, so wie dies beispielsweise mit der Lintech Gruppe in Frankreich, Marokko und Tunesien geschehen ist. Oder auch in der Tschechischen Republik und in Rumänien.

Die Gespräche sind in den allermeisten Fällen positiv verlaufen. In welchen Fällen nicht?
In drei Ländern haben wir es trotz aller Bemühungen nicht geschafft, eine gemeinsame, partnerschaftliche Lösung mit allen Parteien zu finden. Dennoch konnten wir unserer Kundschaft auch da entweder einen starken Distributor zur Seite stellen oder gar eine neue, eigene Organisation. So wie das in Tunesien mit Komax Tunisia geschehen ist. Die erste, gerade stattgefundene WirePro Expo vor Ort hat bewiesen, dass wir hier auf einem guten Weg sind und unsere Kunden in Tunesien noch besser und enger betreuen können.

Wie konnte die Komax Gruppe sicherstellen, dass die Qualität der Kundenbetreuung während des gesamten Integrationsprozesses aufrechterhalten blieb?
Unser Anspruch war, dass während der Analysephase für unsere Kundschaft alles gleichbleibt und ihre bestehenden Kontakte weiter für sie da sind. So haben wir unsere Kunden zuerst einmal informiert, dass wir keine Veränderungen vornehmen und sie voll und ganz auf unseren bestehenden Support zählen können. Die folgende Kommunikation an unsere Kundschaft wurde jeweils umgehend vorgenommen, wenn wir eine Lösung gefunden hatten und einen Plan vorlegen konnten, der einen optimalen Service garantiert.

Diese Vorgehensweise hat ein hohes Mass an Flexibilität und Ausdauer gefordert. Sowohl von unseren Mitarbeitenden von Komax Kampus (vormals Komax Academy und Schleuniger University), als auch von den produzierenden Standorten, die sehr viele Schulungen organisieren mussten, sobald für das Land eine Lösung gefunden wurde. Dies damit wir bei der Zusammenlegung der beiden Einheiten auch das gesamte Knowhow bezüglich Sales und Service bieten konnten. Ausserdem haben wir parallel unsere Customer-Relationship-Management-Systeme zusammengelegt und vereinheitlicht. Zuerst im Sales-, dann im Servicebereich. Dies betraf natürlich auch sämtliche zugrunde liegenden Prozesse, was durchaus herausfordernd war. Und teils immer noch ist.

Die Reise hat mit 84 Service- und Vertriebskanälen angefangen. Wie schaut es heute aus?
Die Zusammenführung des Vertriebs- und Servicenetzes von Komax und Schleuniger ist mittlerweile erfolgreich abgeschlossen. Es müssen nur noch einige Rest-Aktivitäten abgeschlossen werden. Bestehende und neue Partner sind auf das neue Portfolio geschult worden und haben Zugang zu den benötigten Tools. Die Verkaufskanäle für unsere Kundinnen und Kunden in den mehr als 60 Ländern, in denen wir präsent sind, konnten von 84 auf 51 reduziert werden. Gleichzeitig haben wir unsere Kundenanzahl verdoppelt. Wir investieren natürlich weiterhin intensiv in Schulungen und wollen unsere Aussenstandorte noch intensiver verstärken, damit Kunden nicht nur äusserst kompetent, sondern auch schnell bedient werden können. Auch die internen Prozesse müssen noch verfeinert und vereinfacht werden. Und natürlich wird es auch innerhalb unseres Produktportfolio weitere Konsolidierungen und Innovationen geben, von denen unsere Kundinnen und Kunden profitieren.

Welches waren für Sie die Highlights innerhalb dieses Integrationsprozesses?
Es war sehr erfreulich zu sehen, wie gut, freundlich und kundenorientiert die allermeisten Gespräche abgelaufen sind. Oft haben wir bereits nach wenigen Unterhaltungen erkannt, dass die Kulturen der bisher konkurrenzierenden Unternehmen gar nicht so unterschiedlich sind. So konnten wir rasch viele Gemeinsamkeiten finden und vor allem feststellen, dass wir am Ende ja alle dasselbe Ziel verfolgen: Das Wohlergehen und den Erfolg unserer Kundinnen und Kunden. Die positive Haltung und der unermüdliche Einsatz der Beteiligten hat enorm viel zur Findung von pragmatischen Lösungen beigetragen. Dafür bin ich unheimlich dankbar. Heute können wir unseren Kunden nicht nur ein breiteres und umfangreicheres Portfolio anbieten, wir können sie auch mit mehr Knowhow, Expertise und spezifischem Fachwissen gesamtheitlich unterstützen. Das macht mich glücklich und stimmt mich für die Zukunft sehr zuversichtlich.


Kontakt

Tobias RölzExecutive Vice President Market & Digital Services...

Tobias Rölz ist seit 2017 bei Komax tätig. Neben der Entwicklung von hochinnovativen digitalen Lösungen für die Kabelverarbeitung der Zukunft sind ihm die professionellen Services in mehr als 60 Ländern ein besonderes Anliegen.


Keine Story verpassen